„Ich glaube an den Heiligen Geist“ – so sprechen wir gemeinsam in unserem Glaubensbekenntnis. Was besagt dieser Glaube? Beim Stichwort „Geist“ fassen wir uns an den Kopf. Dort im Hirn soll er verortet sein – unser Geist. Die geistigen Dinge sind dann diejenigen Dinge, die man nicht sehen oder spüren kann, sondern die gedacht werden. Das klingt befremdlich: Ich glaube an das Geistige, an das was sich denken lässt. Was für ist ein Missverständnis. Der Heilige Geist, den wir bekennen, umfasst nicht alles „Geistige“. Im Gehirn findet er sich nicht, kommt uns doch atemgleich zu. So haben wir die göttliche Zusage beim Propheten Ezechiel vernommen: „Ich gebe Geist in euch, sodass ihr lebendig werdet.“ (Ez 37,6)
Wenn im Alten Testament vom Geist die Rede ist, ist damit nicht die Vernunft oder das „Geistige“ gemeint. Das hebräische Wort „ruach“, aber auch das griechische Wort „pneuma“ bzw. das lateinische „spiritus“ bezeichnen Hauch, Wind oder Atem, also das, was über die Atemwege in einen selbst aufgenommen werden kann. „Geist, komm herbei von den vier Winden! Hauch diese Erschlagenen an, damit sie lebendig werden!“ (Ez 37,9) Unser menschliches Leben ist auf den Geist angewiesen. So heißt es über Gottes Geist in Psalm 104: „Verbirgst du dein Angesicht, erschrecken sie, nimmst du ihren Geist weg, kommen sie um und werden wieder zu Staub. Sendest du deinen Geist aus, werden sie erschaffen, und du erneuerst das Angesicht der Erde.“ (V 29f)
Der Atem ist uns ein kostbares Lebensgut, über das wir nicht selbst verfügen können. Die pandemische Coronavirus-Krankheit COVID-19 führt uns gegenwärtig vor Augen, dass der Lebensatem uns nicht garantiert ist. Bei manchen mit dem Coronavirus infizierten Menschen kann es zu einer schweren lebensbedrohlichen Erkrankung mit Atemnot, ja sogar zu Atemversagen kommen. So lässt uns diese Krankheit fragen: Was wird in unseren eigenen Atem mit hineingenommen, was uns in eine Atemnot bringen kann?
„Die Luft ist rein“ müsste es heißen, Leben, das wieder zurückkehrt. Der Prophet Ezechiel sieht sich geistgeführt auf einem Feld mit totem Gebein wieder. Menschliches Leben leblos am Boden, weil der Gottesatem fehlt. Doch Gottes Zusage steht, lässt das leblose Leben auferstehen: „Ich gebe meinen Geist in euch, dann werdet ihr lebendig.“ (Ez 37,14) So soll menschliches Leben göttlich neu zusammengefügt und aufgerichtet werden.
Gottes Geist lässt aufatmen, Leben zu sich zurückfinden. Sein Geist ist der Todesmacht gewachsen ist; er lässt die Auferstehung Jesu uns zukommen. So hat Jesus seinen Jünger den Heiligen Geist als Tröster zugesagt: „Aber der Tröster, der Heilige Geist, den mein Vater senden wird in meinem Namen, der wird euch alles lehren und euch an alles erinnern, was ich euch gesagt habe. Den Frieden lasse ich euch, meinen Frieden gebe ich euch. Nicht gebe ich euch, wie die Welt gibt. Euer Herz erschrecke nicht und fürchte sich nicht.“ (Joh 14,26f)
Die nächsten Tage und Wochen werden uns herausfordern. Neue Nachrichten werden auf uns zukommen, die verstören und verunsichern. Wie es gut werden soll, ist uns jetzt noch nicht einsichtig. Möglicherweise wird das heute für längere Zeit der letzte öffentliche Gottesdienst in unserer Kirche gewesen sein. Auch wenn Versammlungen und Treffen möglicherweise entfallen müssen, werden wir in unserer Kirchengemeinde Wege und Kanäle finden, wie wir im Kontakt und im Gespräch miteinander bleiben werden. Unser Gebet und unser Gotteslob werden uns in den kommenden Tagen miteinander neu verbinden.
„Ich glaube an den Heiligen Geist.“ Ich glaube an den Gotteshauch, der in Christus Leben schafft und erhält. Ich glaube, dass in den kommenden Tagen der Heilige Geist zu uns finden und uns in Gottes Wort bestärken und ermutigen wird. So sagt es uns Jesus: „Der Tröster, der Heilige Geist wird euch alles lehren und euch an alles erinnern, was ich euch gesagt habe. Meinen Frieden gebe ich euch. Euer Herz erschrecke nicht und fürchte sich nicht.“
Der HERR,
der in Christus neues Leben verheißt,
behüte euch auf eurem Weg.
Er hebe eure Seele aus den Fluten eurer Angst
und umhülle euch mit seiner Liebe.
Er lasse sein Angesicht leuchten über euch
und versöhne eure Herzen.
Er wende euch sein Angesicht zu
und schenke euch Frieden.
So segne euch der dreieinige Gott,
+ der Vater, der Sohn und der Heilige Geist.
Amen.