Basierend auf den Herrnhuter Losungen soll ein biblisches Wort uns jeden Tag einen neuen Impuls geben:
Donnerstag, 08. April
Gott der Herr rief Adam und sprach zu ihm: Wo bist du? Und er sprach: Ich hörte dich im Garten und fürchtetet mich; denn ich bin nackt. 1. Mose 39-10
Adam fürchtet sich vor Gott. Viele Generationen nach ihm fürchteten Gott. Prediger mahnten und drohten generationenlang auch bei uns in Deutschland von der Kanzel, dass wir alle Rechenschaft ablegen müssen vor Gott, der alles sieht (Hebr. 4,13). Auch Luther verzweifelte lange an einem für ihn viel zu strengen und gerechten Gott, der mehr verlangt, als Menschen schaffen können. Weil er so erzogen wurde. Es nicht anders kannte.
Unsere Zeit ist eher geprägt von der Vorstellung eines barmherzigen, uns liebenden Gott und Vater im Himmel. Einerseits Gott sei Dank und eine wunderbare Frucht der Reformation und ihrer Wiederentdeckung des Evangeliums in Jesus Christus.
In der Einseitigkeit liegt aber auch eine Gefahr, Gott nicht mehr ernst zu nehmen. Uns vor der Verantwortung gegenüber Gott zu drücken.
Luther hat die Vorstellung eines Richtergottes, dem wir uns mit unserem Tun und Lebenswandel verantworten müssen, nie aus seiner Theologie gestrichen. Vor Gott sind wir nackt und bloß. Nichts ist ihm verborgen. Alles andere wäre auch, die Gottes Allmacht leugnen, und zugleich – und das wäre die Tragik -, ein verharmlosen seiner Liebe zu uns.
Gerade haben wir wieder Karfreitag und Ostern gefeiert. Beides gehört auch hier zusammen. Das eine erklärt sich erst im anderen. Erst wer die Ernsthaftigkeit Jesu begriffen hat, dass er all unsere Sünde auf sich nimmt, damit sie mit ihm stirbt, – „weil der Sünde Sold der Tod ist“ – wird die Größe und Herrlichkeit seiner Vergebung und sein Festhalten an seiner entschiedenen Liebe zu uns recht begreifen und darüber staunen und froh werden. Wie erstaunlich Gottes Liebe zu uns ist, wie unverdient, wie großartig..
Dass ich vor Gott, der mich trotz allem liebt, nackt bin, wird dann zu etwas befreiendem, nicht mehr vernichtendem: Ich darf ehrlich sein vor Gott, muss nichts mehr verdrängen. Ich darf mich mit meinen Schatten versöhnen, Frieden schließen, zu meinen Fehlern stehen, ohne mich weiter rechtfertigen zu wollen. Kann zu meiner Verantwortung für mein Tun und Lassen stehen. Ich kann Gott eh nichts vormachen, aber ich darf mich festmachen an seiner Liebe und auf sie bauen, neu mein Leben vor ihm verantworten, d.h. in seinem Sinne gestalten.
Kann mich mit Gottes Hilfe weiter entwickeln, hin zu dem Menschen, den Gott schon in mir sieht. Solche Gottesfurcht, die ernst nimmt, dass Gott mich zu seinem Gegenüber geschaffen hat, ist tatsächlich aller Weisheit Anfang.
Hans-Joachim Scharrer
Gott, ich weiß, dass ich dir nichts zu bieten habe, dass du mich lieben müsstest. Denn was habe ich, was du mir nicht zuvor gegeben hättest? Aber ich danke dir von Herzen, dass du mich liebst – mit und trotz meiner Fehler. So will ich leben aus der Kraft deiner Versöhnung und an mir arbeiten mit deinem Ja im Rücken und dir verantwortlich leben. Amen.
Als heutige Bibellese ist Kolosser 1,1-14 vorgesehen.