Basierend auf den Herrnhuter Losungen soll ein biblisches Wort uns jeden Tag einen neuen Impuls geben:
Mittwoch, 17. März
Du bist ein Gott, der mich sieht. 1. Mose 16,13
Das sagt Hagar, eine ägyptische Sklavin. Gebären soll Hagar, aber Mutter soll Sarah, ihre Herrin, sein. Als Herrin hat sie dieses Recht. Hagar flieht schwanger vor den Schikanen und den stetigen Demütigungen Sarahs und strandet am Rande der Wüste..
Hagar steht für all die Frauen, für all die vielen Menschen, die als Mensch, als Person übersehen werden, die zwar funktionieren sollen, die ausgenutzt werden, aber sonst nichts wert sind.
Du bist ein Gott, der mich sieht. Hagar, die bisher Übersehene, erlebt Gott heilsam anders. Und das ändert ihr Leben von Grund auf.
Gott zeigt sich mir als der, bei dem ich Ansehen habe – auch wenn ich vor Menschen nur eine Sklavin bin. Bei ihm bin ich es wert, gesehen zu werden, bei ihm habe ich Würde.
Wie viele Menschen leiden darunter, dass sie als Mensch übersehen werden, nur eine Rolle ausfüllen sollen, auswechselbar scheinen.
Solche Begegnungen, solche Erlebnisse kennen wir alle. Müssen selbst aufpassen, dass wir mit anderen nicht so umgehen. Gut, dass wir einen Gott haben, der eindeutig Stellung bezieht. Der uns ansieht mit Wertschätzung, mit Güte, der uns ansieht in Liebe, die sieht, wer ich wirklich bin. Was meine Not ist, meine Sehnsucht, aber auch meine Gaben.
Hagar kehrt zurück. Sie weiß jetzt, wem sie kostbar ist. Sie flieht nicht mehr vor ihrem Leben, sondern nimmt es an als Lebensaufgabe – nun aber mit erhobenen Haupt. Das macht die Beziehung zu Sarah nicht gerade einfacher. Hagar ist streitbarer geworden, für ihre Würde einzutreten, Ihr Recht, menschlich behandelt zu werden einzuklagen.
Wie geht die Geschichte aus? Die beiden Frauen können nicht miteinander. Sarah sieht in Hagar eine Konkurrentin und neidet ihr die Jugend. Am Ende entbindet Abraham Hagar als Sklavin, gibt ihr die Freiheit. Hagar zieht nach Osten. Und Gott bewahrt ihr Leben und das ihres Kindes Ismael. Hagar wird zur Ahnmutter des arabischen Volkes.
Sie lebt mit der Erfahrung: Du bist ein Gott, der mich sieht.
Und wir dürfen das auch.
Hans-Joachim Scharrer
Gott, übersehen zu werden tut weh. Aber angesehen zu werden, wie du es tust, richtet meine Seele auf. Ich danke dir, dass ich dir nichts beweisen muss, sondern sein darf, wer ich bin. In deiner Nähe zu sein, tut unendlich gut. Amen.
Als heutige Bibellese ist Lukas 21,1-4 vorgesehen.