Basierend auf den Herrnhuter Losungen soll ein biblisches Wort uns einen neuen Impuls geben:
Mittwoch, 19. März 2025
„Paulus schreibt: Jetzt erkenne ich stückweise; dann aber werde ich erkennen, gleichwie ich erkannt bin.“ 1. Korinther 13, 12
Es fällt mir nicht leicht, das einzugestehen – mir selbst und anderen – aber so sieht’s aus: „Alles, was ich jetzt weiß, ist unvollständig;“ (V. 12, Neues Leben)
Wie oft geht es mir so, dass ich zu etwas eine felsenfeste Meinung habe, nur um hinterher festzustellen, dass ich gar nicht alle Fakten kannte. Wie oft habe ich ein Bild von jemandem und meine, ihn oder sie zu kennen, dabei fehlen mir wichtige Hintergrundinformationen. Und wie oft denke ich sogar, dass ich Gott kenne und weiß, wie er ist – bis er etwas tut oder nicht tut, das mich komplett durcheinanderbringt.
Auch Hiob ging es ja so, wie in der heutigen Losung steht: „Hiob antwortete dem HERRN: Siehe, ich bin zu gering, was soll ich antworten? Ich will meine Hand auf meinen Mund legen.“ (Hiob 40, 3 – 4) Und Hiob hatte doch wirklich eng mit Gott gelebt und ihn sogar in seiner Leidenszeit nicht losgelassen.
Wieviel Schaden habe ich schon angerichtet mit meiner Besserwisserei? Wo habe ich über jemanden geredet und dabei nicht das beste Bild von ihm oder ihr hinterlassen? Wo habe ich vorschnell Entscheidungen getroffen, die sich im Nachhinein als falsch erwiesen haben? Wie oft habe ich Gott „klein“ gemacht dadurch, wie ich ihn eingeschätzt habe?
Und was kann ich dagegen tun? Wie kann ich solche Situationen verhindern?
Eine Antwort findet sich vielleicht in den vorhergehenden Versen (Kap. 13, 1 – 8). Da ist von der Liebe die Rede, die auf den anderen ausgerichtet ist und von Gott geschenkt wird (s. Galater 5, 22). Von Geduld und Vergebung ist die Rede und davon, nicht neidisch oder selbstsüchtig zu sein. Ich glaube, darin besteht das größte Problem: dass wir uns gern wichtigmachen gegenüber anderen, zeigen wollen, was wir alles können und wissen.
Aber so ist die göttliche Liebe nicht, von der hier geschrieben steht. Diese Liebe freut sich nicht an Ungerechtigkeit, sondern an der Wahrheit.
In meiner Küche hängt ein Spruch, den ich sehr gut finde, auch wenn ich ihn leider noch zu selten anwende: „Never miss a golden chance to keep your mouth shut“ – Verpasse nie eine gute Gelegenheit, den Mund zu halten.
Möge unser guter und geduldiger Gott mir und allen anderen, die es nötig haben, helfen zu bedenken, dass wir vorsichtig sind mit unserer Meinung, vor allem, bevor wir sie laut kundtun. Und mögen wir vor allem offen bleiben in unserem Bild von ihm selbst – wenn er „klein“ genug wäre, dass ich ihn ganz verstehen könnte, wäre er nicht groß genug, um angebetet zu werden…
Ermutigend finde ich, dass Gott mich heute schon ganz und gar kennt, und dass irgendwann die Zeit kommt, wo auch wir alles erkennen werden und wo das niemandem schadet, sondern zu aller Freude sein wird.
Cornelia Letting
„Unbeschreiblich, unfassbar; Du hast die Sterne an den Himmel gesetzt und kennst sie mit Namen. Du bist erstaunlich, Gott. Allmächtig, unbezähmbar; voller Ehrfurcht fallen wir auf die Knie und verkünden demütig: Du bist erstaunlich, Gott. Unvergleichlich, unveränderlich, Du siehst die Tiefen meines Herzens und liebst mich trotzdem. Du bist erstaunlich, Gott.“ (Chris Tomlin, Übersetzung von mir)
Amen.