Was, wenn’s nicht mehr rund läuft? Eine Wegweiser-Predigt von Helmut Haas

I. Einleitung

„Wer sein Fahrrad liebt, der schiebt.“, so sagt man.

Aber hier geht gar nichts mehr vorwärts. Nicht mal schieben. Nix funktioniert mehr. Da hilft nur noch tragen, weil nichts mehr rollt. Damit es aber nicht mehr rund läuft, dazu reicht schon weniger:

Wir waren – wie die ganzen letzten Jahre – Mitte Juni 1 Woche am Millstätter See in Kärnten auf einer MTB-Freizeit mit einem christlichen Reiseveranstalter. Auf einer unserer Touren ist mir am Hinterrad meines MTBs eine Speiche gebrochen. „Bling“ hat es gemacht. Für den Rest der Tour bis zur Fahrradwerkstatt lief es nicht mehr rund. Ein Achter hat dafür gesorgt, dass das Hinterrad eierte und ich entsprechend vorsichtig fahren musste.

Am nächsten Tag – die Speiche wurde inzwischen ersetzt und das Rad neu zentriert – machte es auf der Tour gleich 2x „bling“ und 2 Speichen sind gebrochen. Mit viel Vorsicht und behutsam stärkere Erschütterungen vermeidend habe ich es dann noch zurück ins Quartier geschafft.

Beides Mal musste ich meine Pläne über den Haufen werfen und der letzte Tag der Freizeit war gegessen. Das Hinterrad lief nicht mehr rund – nein, es streifte am Rahmen und eierte so vor sich hin. An Fahren war nicht mehr zu denken.

1 oder 2 Speichen von 32 Stück gebrochen, das sollte doch kein Problem sein, oder? – denkt man zumindest. Aber in beiden Fällen war der Tag gelaufen und ich musste meine Tourpläne über den Haufen werfen. Am Ende war eine neue Felge inklusive 32 neuer Speichen fällig.

II. Warum läuft es nicht rund?

Es sind oft die kleinen Dinge des Lebens, die uns aus dem Konzept bringen. Sie können auch glitze klein sein – so ein paar nm groß. Beispielsweise ein kleiner Virus, der das Leben verändern kann:

Meine Frau hat sich vor 3 Wochen am Kirchweihsonntag mit dem Corona-Virus angesteckt. Großzügig hat sie diesen an mich weitergegeben. Danach lief nichts mehr rund – positive Tests, 4 Tage Fieber, über 1 Woche Husten und mehrere Tage schlapp.

So schnell kann es gehen – auf einmal läuft’s nicht mehr rund.

Es können aber auch andere Ereignisse im persönlichen Leben sein, die uns aus der Bahn werfen können:

Zerrüttete Beziehungen in Ehe oder Familie.
Es hat so gut angefangen. Voller Euphorie in die Ehe gestartet. Und nun? Man hat sich mit der Zeit auseinandergelebt, was letztlich zur Trennung geführt hat.
Wie sagt man so schön: Redet ihr in der Familie noch miteinander oder habt ihr schon geerbt? So schnell werden Familienmitglieder zu Feinden und man spricht kein Wort mehr miteinander. Weil man sich benachteiligt, oder gar über den Tisch gezogen fühlt. Oder der Verlust von lieben Angehörigen, Freunden, Bekannten. Auch ein Unfall, der das Leben grundlegend verändert. Man muss mit Einschränkungen leben. Eine Krankheit, die das Leben bedroht. Die Diagnose des Arztes ist vernichtend. Die Lebensaussichten stehen schlecht. Oder wenn bei Long-Covid nach einer Virusinfektion länger nichts mehr rund läuft, man nicht mehr auf die Füße kommt. Mobbing am Arbeitsplatz oder in der Schule. Jeden Morgen der gleiche Kampf, dieselben Ängste beim Aufstehen. Was kommt heute auf mich zu? Oder der drohende Verlust des Arbeitsplatzes. Die bohrende Frage: Wie soll ich die nächsten Monate finanziell überstehen? u.v.m.

Und dann sind wir mit weltweiten Krisen konfrontiert: Seit 2,5 Jahren kämpfen wir weltweit mit dem Corona-Virus und den wirtschaftlichen und sozialen Folgen. Immer stärker nehmen wir Klimaveränderungen wahr, extreme Wettersituationen und Naturkatastrophen scheinen sich zu häufen. Vor 1 Jahr die verheerenden Überschwemmungen im Ahrtal. Aktuell die Waldbrände im Osten Deutschlands und in Südeuropa. Autokraten setzen durch ihre Machtgelüste die Welt in Angst und Schrecken, überfallen Nachbarländer, verursachen Hunger und Inflation. Die Unsicherheit, ob ich mir die Energie zum Heizen im nächsten Winter noch leisten kann. Dazu die Inflation, die auch vor lebenswichtigen Nahrungsmitteln nicht halt macht. Die bange Frage: Komm ich über die Runden? Da läuft nichts mehr rund. Da geht es höchstens rund.

Haben wir deshalb Grund zu resignieren?

Nein, denn Jesus verheißt uns kein Leben auf dieser Erde, bei dem es immer rund läuft. Das sind falsche menschliche Versprechungen.

Schon die Schlange damals im Paradies hat mit solchen falschen Versprechungen gearbeitet. Und dadurch den Menschen ins Chaos gestürzt.

Jesus ist da realistisch. Er weiß, dass da nichts rund läuft. Er sagt das auch ganz realistisch seinen Jüngern voraus. Ihr werdet hören von Kriegen und Kriegsgeschrei, Naturkatastrophen, Teuerung. Und ihr werdet Angst haben in der Welt.

Aber Jesus bleibt dabei nicht stehen. Er lenkt unseren Blick dorthin, wo wir Hilfe erwarten können. Er sagt seinen Nachfolgern zu: „Ich bin bei euch alle Tage, bis an der Welt Ende.“ Und er ermutigt uns, wenn es mal nicht rund läuft: „Kommt her zu mir alle, die ihr mühselig und beladen seid, ich will euch erquicken.“ Wenn es nicht rund läuft, dann hat Jesus ein offenes Ohr für uns – aber nicht nur dann. Er stellt uns in diese Welt hinein. Aber er lässt uns nicht allein. Deshalb gilt: Lass den Kopf nicht hängen, wenn dir das Wasser bis zum Hals steht, sondern erhebt eure Häupter, denn eure Erlösung naht.

III. Was hat ein Rad mit unserer Gemeinde zu tun?

Schauen wir uns die Einzelteile an:

  1. die Nabe

Sie ist die Mitte und das Zentrum des Rades. Um sie dreht sich alles. Sie gibt dem Rad Halt und stabilisiert es. Ohne sie würden die Speichen in der Luft hängen. Ohne sie läuft es nicht rund.

  • Felge

Sie trägt den Reifen und stellt damit beim Biken den Bodenkontakt her. Gehalten wird sie von den Speichen. Damit die Sache rund läuft, müssen die Speichen auf Spannung stehen und sowohl zur Nabe, als auch zur Felge Kontakt haben.

Zentriert wird die Felge über die Speichenspannung.

  • Speichen

Sie tragen die Felge. Nur wenn alle Speichen intakt sind, dann läuft das Rad rund. Das hab ich deutlich bei der MTB-Freizeit bemerkt.

Interessant dabei ist – je näher die Speichen der Nabe kommen, um so näher kommen sie sich gegenseitig.

Bild und Funktion der Teile:

Felge = sie stellt die Gemeinde dar.

Sie sorgt für den „Bodenkontakt“. Sie wird nach außen sichtbar und wahrnehmbar. Vor allen Dingen aber sollte sie zentriert sein, denn sonst läuft es nicht rund. Zentriert auf die Nabe hin.

Nabe = ist ein Bild für Jesus Christus.

Um ihn sollte sich in der Gemeinde alles drehen. Er sollte im Zentrum der Gemeinde stehen. Wenn nicht, dann wird das Ganze menschlicher Aktivisimus. Dann sind wir die Macher, die meinen ohne Nabe zurecht zu kommen.

Speichen = zwischen Nabe und Felge sind die Gemeindeglieder.

Sie sind Teil der Gemeinde, halten die Gemeinde und sie stellen die Verbindung zum Zentrum her.

Sobald ein Gemeindeglied nicht mehr in Verbindung mit der Nabe oder mit der Felge steht – oder gar mit beidem, dann läuft die Sache nicht mehr rund.

So hat jede Speiche ihre Aufgabe, ihre Funktion.

Wie Paulus das sieht hören wir im folgenden Textabschnitt aus dem 1. Korintherbrief, Kapitel 12.

Lesung Text

Jede Speiche ist wichtig, damit das Rad rund läuft: Sie hat eine tragende stabilisierende Verbindung. Zur Erfüllung muss die Speiche zentriert sein auf die Mitte – Jesus Christus. Sie kann nicht einfach machen, was sie will. Sie ist immer Teil des Ganzen. Sie muss die Spannung aushalten und die Spannung aufrechterhalten. Das kann Kraft kosten. Der Abstand zueinander nimmt von außen nach innen ab. Je näher jeder Einzelne bei Jesus ist, desto näher sind wir bei einander. Je enger die persönliche Beziehung jedes Einzelnen zu Jesus Christus ist, desto enger werden auch die Beziehungen innerhalb der Gemeinde, zwischen den Gemeindegliedern.

Mancher mag diese Enge nicht, liebt die Anonymität. Beziehungen sind aber wichtig, damit es in der Gemeinde rund läuft. Damit geistliches Wachstum stattfinden kann. Damit Außenstehende Interesse am Glauben finden. Da sind die Gaben, die Paulus anspricht. Jede einzelne ist wichtig. Auf keine kann verzichtet werden. Die Gemeinde lebt davon, dass sich jeder mit seiner Gabe einbringt. Dabei ist keine wichtiger als die andere. Nur im Zusammenspiel läuft es rund, auch in der Gemeinde.

Die Speichen sind aufeinander angewiesen. Die benachbarten Speichen können nur sehr bedingt die Aufgabe und die Verantwortung einer fehlenden Speiche abfedern. Wenn nur eine Speiche bzw. Gabe fehlt, dann eiert die Gemeinde. Dann läuft es nicht mehr rund. Daher ist es wichtig, dass sich jeder Einzelne mit seiner Gabe und Fähigkeit in der Gemeinde einbringt.

Die Nabe im Detail:

Die Nabe ist der zentrale Teil – Jesus Christus. Auf ihn muss die Gemeinde ausgerichtet sein. Auf ihn muss aber auch jedes Mitglied der Gemeinde ausgerichtet sein. Wenn jede Speiche sich an etwas Anderem orientiert und festmacht, dann bricht das Rad zusammen. Dann kann es seine Funktion nicht wahrnehmen. Mit einem solchen Rad möchte ich nicht auf einer MTB-Tour unterwegs sein.

Meinen wir, wir könnten mit unserer Gemeinde auf dem richtigen Weg sein, wenn sich jedes Mitglied anders orientiert?

IV. Fazit

In unserem Leben läuft es nicht immer rund. Nicht immer läuft es aber so harmlos ab, wie beim Bruch einer Speiche am Fahrrad. Manchmal kommen wir ganz gehörig ins Schleudern. Gut wenn wir jemanden wissen, dem wir vertrauen können. Jemanden, der es gut mit uns meint, der uns erquickt, der uns Halt und Zuversicht schenkt. Gut, wenn wir Jesus Christus vertrauen können, auch wenn nicht alles rund läuft in unserem Leben.

Wie rund läuft es in unserer Gemeinde?

Sind wir zentriert auf Jesus Christus und kommen uns, wie die Speichen, immer näher?

In der Gemeinde kann es nur rund laufen, wenn jeder mit der Gemeinde und dem Zentrum, Jesus Christus, verbunden bleibt und sich mit seiner Gabe einbringt. Wenn Jesus Christus der Mittelpunkt in unserem Leben sein darf.

Das wünsch ich Ihnen.

Amen

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