Vöhringen, 30. Juli 2022
Schwestern und Brüder, ihr die Gemeinde,
jüngst hat ein Pfarrersehepaar in einem ZEIT-Interview eindrücklich erzählt, wie es beiden erging, nachdem ihr 26jähriger Sohn – völlig überraschend – sich vor einer U-Bahn in den Tod gestürzt hatte. Die Pfarrerin findet drastische Worte, die zusammenzucken lassen: „Ich bin am Anfang häufig durch unsere Wohnung getigert wie eine Getriebene, habe immer wieder Sätze geschrien: Dieser Scheißdämon. Diese eine Scheißsekunde. […] Gott, das wäre für dich doch ein Leichtes gewesen, Nic auf dem Bahnsteig festzuhalten!“
Das hört sich auf den ersten Blick so an, als habe eine gestandene Frau ihren Glauben an Gott verloren. Aber die Pfarrerin weiß zu ergänzen: „Ich habe geflucht und mich verlassen gefühlt, und es ist immer noch eine harte Prüfung. Aber ich bin mit diesem Gott die ganze Zeit in einer Beziehung geblieben.“ So antwortet sie auf die letzte Frage „Ist Gott zurückgekommen oder war er immer da?“: „Der war immer zwischendurch da. Ich habe ihn weggeschickt, aber er kam immer zurück.“
Da haben sich für die Pfarrerin die Worte des Apostels Paulus schmerzlich bewahrheitet: „Gott ist treu, der euch nicht versuchen lässt über eure Kraft.“ (1.Korinther 10,13) Trotz aller Verzweiflung ist das Netz des Gottvertrauens nicht gerissen. Die vielen eingesponnenen Glaubensfäden haben einen bitter-tödlichen Fall ausgehalten. Und eine Mutter wird ihren Sohn in den Tod nicht verlorengeben.
So bete ich: Gott, Du unser Vater, Du hast uns mit deinem Geist geführt, in guten, aber auch in den schweren Tagen. Was auf uns zukommen und was uns genommen wird, lass es nicht über unsere Kräfte gehen. Wo Angst und Ungewissheit uns die Aussicht trüben, da sei mit deinem Licht und mit deinem Wort nah; verlass uns nicht. Durch Jesus Christus. Amen.
Am morgigen Sonntag, 31. Juli, feiern wir den Gottesdienst in der Martin-Luther-Kirche bereits um 9.30 Uhr (wegen der gemeinsamen Ferienordnung mit Illertissen gültig bis zum 11. September). In der Predigt geht es um Jesu Speisung der Fünftausend und das Brot des Lebens.
Es grüßt Euch ganz herzlich
Euer Jochen Teuffel
Evangelischer Pfarrer