Sonntagsbrief an die Gemeinde zum 7. Juli 2024

Vöhringen, 6. Juli 2024

Liebe Mitchristen in der Gemeinde,

so einfach als Täter davonkommen? Wenn straffällig gewordene Jugendliche nach ihrer Verurteilung nicht hinter Gitter kommen, sondern im Seehaus Leonberg bei Stuttgart in familiengeführten Wohngemeinschaften ihre Haftzeit verbringen, wird mancher von Ungerechtigkeit sprechen. Wer jedoch genauer in den Blick nimmt, was jungen Menschen im Seehaus zugemutet wird und welche Lebensveränderungen dort angeleitet und begleitet werden, bekommt einen neuen Blick für Gerechtigkeit.

Wird Gerechtigkeit auf Vergeltung reduziert, mag dies das eigene Gemüt kurzfristig besänftigen: „Recht so! Die Strafe hat er verdient!“ Aber damit ist weder Tätern noch den Leidtragenden von Straftaten wirklich geholfen. Die wiederherstellende Gerechtigkeit (restorative justice) hingegen ist nachhaltiger. Sie lässt Täter das von ihnen verursachte Unheil anerkennen und zielt auf Wiedergutmachung bzw. auf einen Täter-Opfer-Ausgleich.

Blicken wir auf das Kreuz Christi, ist nicht Vergeltung, sondern Wiederherstellung angesagt, wie der Apostel Paulus schreibt: „Alle haben ja gesündigt und die Herrlichkeit Gottes verloren. Umsonst werden sie gerecht, dank seiner Gnade, durch die Erlösung in Christus Jesus. (Römer 3,23f) Jesus Christus hat für unsere Sünden sein Leben am Kreuz gelassen. In diesem Geschehen sind wir mit dem dreieinigen Gott versöhnt worden. Wo wir uns an zwischenmenschlicher Vergeltung festmachen, geht uns das Vertrauen in Gottes Gerechtigkeit verloren.

So bete ich: HERR, Du unser Gott, einen neuen Himmel und eine neue Erde hat Du verheißen, in denen deine Gerechtigkeit wohnt. Wir schauen auf eine zerstrittene Welt, die selbst keinen Frieden findet. Nimm alle Menschen in die Versöhnung hinein, die dein Sohn für uns am Kreuz erwirkt hat. Seine Liebe durchdringe die ganze Schöpfung. Dir sei Ehre von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen.

Morgen feiern wir den Predigtgottesdienst um 10.00 Uhr in der Martin-Luther-Kirche. Lektor Markus Schmucker wird über Apostelgeschichte 8,26-39 (Taufe des Kämmerers aus Äthiopien) predigen. Ich selbst bin an diesem Wochenende auf der Familienfreizeit unserer Gemeinde in der Waldmühle Böhen.

Am kommenden Donnerstag, 11. Juli, wird unsere Organistin Hannelore Coucoulis im Rahmen der t-Gespräche im Gemeindehaus über ihre Jugendzeit in den sechziger Jahren in Afghanistan mit aller Eindrücklichkeit berichten, als von Krieg und Zerstörung noch keine Rede war. Beginn ist 10 Uhr.

Gott segne euch und behüte euch. Er bewahre euch vor allen Irrwegen und festige eure Herzen in seiner Liebe.

Euer Jochen Teuffel
Pfarrer

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