Vöhringen, 18. Oktober 2025
Liebe Mitchristen in der Gemeinde,
es schmerzt mich, wenn ich von Funkstille in Familien höre – von Geschwistern bzw. Eltern und Kindern, die nicht mehr miteinander reden, von Verletzungen, die wie unsichtbare Mauern stehen bleiben. Oft sind es Geschehen, die jeder anders zu erzählen weiß – enttäuschte Erwartungen, empfundene Ungerechtigkeit, vielleicht ein Streit um das Erbe. Solche Brüche tragen sich tief in die eigene Seele ein. Da hilft kein schneller Trost. Wo Liebe einmal selbstverständlich war, wiegt die Entfremdung doppelt schwer.
„Dieses Gebot haben wir von ihm: Wer Gott liebt, soll auch seinen Bruder lieben.“ (1. Johannes 4,21) Nächstenliebe lässt sich mitunter leichter leben – einem Fremden helfen, einem Bedürftigen beistehen; und dann ist es gut. Doch Geschwister- und Eltern-Kinder-Liebe ist anders. Sie trägt eine Vorgeschichte, sie kennt die Schattenseiten. In der Familie sind wir einander nicht zufällig begegnet, sondern hineingestellt. Und gerade dort, wo Nähe war, wird Enttäuschung spürbar. Wir sollen lieben – und doch können wir es nicht immer. Niemand kann wortwörtlich über den eigenen Schatten springen.
Aber die Liebe Gottes sucht menschliche Zwischenräume und Trennungen auf. Sie hat in Jesus Gestalt angenommen, ist in unser Menschsein hineingekommen. Seine Liebe gilt auch dem, mit dem wir längst abgeschlossen haben. Wenn wir uns – vielleicht tastend, vielleicht mit Tränen – wieder auf den anderen zubewegen, geschieht mehr als menschliche Versöhnung. Dann fließt etwas von Gottes Liebe durch uns hindurch. Wer den anderen lieben kann, obwohl manche Enttäuschung bleiben mag, erfährt selbst, wie tief und stark Gottes Liebe im eigenen Leben wirkt.
So bete ich: Herr, unser Gott, du siehst, wo Schweigen und Entfremdung uns trennen. Schenke uns den Mut zum ersten Schritt und die Kraft zu vergeben. Lass deine Liebe heilen, was uns zerbrochen ist. Durch Jesus Christus. Amen.
Morgen, 19. Oktober, nimmt der Gottesdienst um 10 Uhr in der Martin-Luther-Kirche die biblische Gestalt des Simson in den Blick: Vom Scheitern und der Hoffnung für einen Getriebenen. Vorbereitet worden ist der Gottesdienst von der Gruppe „Männerleben“ aus unserer Gemeinde.
Der dreieinige Gott segne und behüte euch. Er führe euch auf lichtem Weg und bleibe euch gnädig zugewandt. Amen.

Euer Jochen Teuffel
Pfarrer

