Vöhringen, 12. Februar 2022
Schwestern und Brüder, ihr die Gemeinde,
jüngst hat die Schriftstellerin Sibylle Lewitscharoff im Hinblick auf den eigenen Tod gesagt, sie beschäftige die Angst wegen ihrer Sünden gerichtet zu werden. Schließlich wird für sie „auf der Lebenswaage Gutes und Schlechtes gegeneinander abgewogen.“ Belohnung oder Strafe, Himmel oder Hölle – was will oder muss man sich nach dem Tod ausmalen?
„Warte nur, bis Vater nach Hause kommt!“ In mancher Kindheitserzählung steht dieses Wort im Raum. Und es verheißt nichts Gutes. Da hat sich der Sohn ungehorsam gegenüber einer überforderten Mutter gezeigt oder aber etwas „Schlimmes“ angestellt. Wird abends der Vater durch die Haustüre eintreten, droht eine schmerzliche Strafe. „Strafe muss sein“ ist ein bitterer Schuldspruch, der Leib und Seele versehrt.
„Wer wird den Tag seines Kommens ertragen können, und wer wird bestehen, wenn er erscheint?“ Der Prophet Maleachi (3,2) kündigt Israel Gottes Gericht an: Wenn der HERR Zebaoth kommt und seinen Gerichtstag hält, kann keiner vor ihm bestehen und der Bestrafung entgehen. Nein – so wollen wir uns ihn nicht vorstellen, reden vom „lieben Gott“. Doch „lieb“ sein lässt „harmlos“ wirken. Hat Gott sich unseren eigenen Gottesvorstellungen zu fügen, können wir weder Gutes noch Böses von ihm wirklich erwarten.
Gott kommt uns entgegen, um uns in unseren Verfehlungen zu stellen. Mit dem, was wir zeit unseres Lebens gesagt, getan und unterlassen haben, werden wir ihm nicht entkommen. Aber der schon jetzt an unserer Lebenstür anklopft, ist kein Richter, sondern der Gerichtete – Jesus Christus. Er sucht uns auf, um die Sünde abzunehmen, die uns vor Gott nicht bestehen lässt. Wer Christus glaubt, dem zeigt sich Gott als barmherziger Vater. Der bange Blick auf Türe findet zur Versöhnung.
So bete ich: Himmlischer Vater, Du unser Gott, im Kreuz Christi hast Du Deine Gerechtigkeit zu unserem Lebensrecht gebracht. Wir bitten dich um Deinen Geist. Er öffne unsere Lebenstür, damit Dein Sohn in unser Herz einziehe und uns für Dich einnehme – Er, unser Heiland in Ewigkeit. Amen.
Am morgigen Sonntag, 13. Februar, feiern wir um 10 Uhr den Predigtgottesdienst in der Martin-Luther-Kirche.
Ein Hinweis in eigener Sache: Corona-positiv befinde ich mich derzeit in häuslicher Quarantäne. Ich gehe davon aus, dass ich zum nächsten Wochenende wieder begegnungsfähig bin.
Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit euch allen.
Es grüßt Euch ganz herzlich
Euer Jochen Teuffel
Evangelischer Pfarrer