Sonntagsbrief an die Gemeinde, 29. Oktober 2023

Vöhringen, 28. Oktober 2023

Liebe Mitchristen in der Gemeinde,

hätte ich den Mut gehabt zum Widerspruch oder gar Widerstand gehabt, frage ich mich. Vor annähernd 85 Jahren hatte Pfarrer Karl Steinbauer im benachbarten Senden am 8. Januar 1939 wider die nationalsozialistische Erziehung gepredigt: „Es ist so ein unsäglicher Jammer, wenn man besonders den Kindern und der jungen Generation den Heiland entfremden und aus dem Herzen reißen will. Wir haben für diese Not und diesen Jammer nur deshalb vielfach keine Augen, weil es ein unblutiger, bethlehemitischer Kindermord ist, der sich hier vollzieht.“

Eine Woche später wurde Steinbauer nachts im Pfarrhaus in Ay von SA-Leuten überfallen und im Neu-Ulmer Amtsgerichtsgefängnis inhaftiert. Vor seiner Überstellung in das KZ Sachsenhausen verfasste er in der Gefängniszelle eine vierseitige Schrift unter dem Titel „Ich glaube, darum rede ich“ (Psalm 116,10). Darin fordert er auch uns im Sinne Jesu heraus:

„Das Herzensbekenntnis ist nur echt, wenn es Mundbekenntnis wird. Das Mundbekenntnis ist nur echt, wenn es Herzensbekenntnis ist. […] Ein Glaube, den wir nicht bekennen, ist kein Glaube! „Ich glaube, darum rede ich!“ Das ist ein Todesurteil, dass man sich selber spricht, wenn man sagt: „Herr Pfarrer, ich denke ja genau so wie Sie, aber man darf ja nichts sagen.“ – Oder: „Da kann kommen, was mag: meinen Glauben lass ich mir nicht nehmen,“ und man deutet dann vielleicht auf seine Brust – aber man schweigt sich tapfer aus! – Ich weiß wohl, wie schwer es oft ist, seinen Mund aufzutun, aber wollen wir uns gegenseitig brüderlich dazu mahnen und Mut machen, unsern Mund für unsern Herrn Christus aufzutun und wollen wir allein dabei auf Ihn schauen, dem alle Gewalt gegeben ist im Himmel und auf Erden.“

So bete ich: HERR, Du unser Gott, auf ewig steht dein Wort im Himmel und doch trifft es auf unser irdisches Leben zu. Halte uns dein Wort vor, dass wir uns an ihm festmachen und es mit eigenen Worten bezeugen. Durch Jesus Christus. Amen.

Am morgigen Sonntag, 29. Oktober, feiern wir in der Martin-Luther-Kirche um 10 Uhr einen Predigtgottesdienst. Ich werde über 1.Mose 13 (Abraham und Lot) predigen.

Am Dienstag, 31. Oktober, feiern wir um 18.30 Uhr den Reformationsgottesdienst in der Martin-Luther-Kirche. Simon Menth, katholischer Theologe und Referent des Oberbürgermeisters der Stadt Biberach, wird über Jesu Seligpreisungen (Matthäus 5,1-10) predigen.

Gott segne euch und behüte euch. Er bewahre euch vor allen Irrwegen und festige eure Herzen in seiner Liebe.

Euer Jochen Teuffel
Pfarrer

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