Vöhringen, 19. März 2022
Schwestern und Brüder, ihr die Gemeinde,
Inniger und vertrauensvoller lässt sich Gott im Gebet wohl nicht beanspruchen: „In deinem Schlauch sammle meine Tränen!“ (Psalm 56,9) Jede einzelne Träne, die der Betende in seiner Angst und in seiner Ohnmacht vergossen hat, soll Gott gleichsam als Perle in seinem ledernen (Wasser-)Schlauch sammeln. Wer in solch einer Bildersprache betet, vertraut darauf, dass die eigene Not bei Gott aufgehoben ist und zwar im doppelten Sinne: Sie bleibt in allen ihren Einzelheiten aufbewahrt, so dass Gott immer daran erinnert wird. Und indem sie so Gott am Herzen liegt, wird sie ihn auch bewegen, dass er der Not ein Ende setzt und sie so aufhebt (nach Erich Zenger).
Wie viele menschlichen Tränen sind über Jahrhunderte hinweg Gott zugebetet worden, gerade auch in der jüngsten Zeit. Und immer wieder die drängende Frage: Du Gott, warum hast Du das Leiden, das Unheil, ja das Böse, das hinter so vielen Tränen steht, (noch) nicht überwunden? Uns bleibt der Blick auf das Kreuz Christi. Der Gottessohn menschenklein nimmt sich der Toten, der Verwundeten, der Sterbenskranken, der Verzweifelten, der Ohnmächtigen und der Alleingelassenen an, weil er das Böse am eigenen Leib erlebt und erlitten hat.
Für den Jüngsten Tag steht die Zusage: „Siehe da, die Hütte Gottes bei den Menschen! Und er wird bei ihnen wohnen, und sie werden seine Völker sein, und er selbst, Gott mit ihnen, wird ihr Gott sein; und Gott wird abwischen alle Tränen von ihren Augen, und der Tod wird nicht mehr sein, noch Leid noch Geschrei noch Schmerz wird mehr sein; denn das Erste ist vergangen.“ (Offenbarung 21,3f)
So bete ich: Himmlischer Vater, Du unser Gott, unermesslich deine Herrlichkeit, unermüdlich deine Macht, unvorstellbar deine Vorsicht. In deinem Sohn bist Du uns nahegekommen – näher, als wie uns selbst. Tränenreich hat er angenommen, was dich verlieren lässt. Dein Geist durchringe unser Herz, rühre unsere Seele an, damit wir zu dir finden und uns dir anvertrauen. Durch Jesus Christus. Amen.
Am morgigen Sonntag, 20. März, feiern wir um 10 Uhr den Predigtgottesdienst in der Martin-Luther-Kirche. Dabei kommt Gottes Wort an den lebensmüden Elia unter dem Ginsterbusch zur Sprache: „Steh auf und iss! Denn du hast einen weiten Weg vor dir.“ (1.Könige 19,7)
Der Friede Gottes, der alles Verstehen übersteigt, wird eure Herzen und eure Gedanken in Christus Jesus bewahren.
Es grüßt Euch ganz herzlich
Euer Jochen Teuffel
Evangelischer Pfarrer